Aufbau- und Verbindungstechnik

Die Aufbau- und Verbindungtechnik auf Baugruppenebene bildet ein Schwerpunktthema der Forschungsarbeiten am Lehrstuhl für Zuverlässigkeit und Sicherheit elektronischer Systeme (ZuSeS). Die Neu- und Weiterentwicklung von Prozessen und Technologien zur Montage von Schaltungsträgern und Bauelementen sowie die Modifikation und Qualifizierung von Lotmaterialien stehen dabei im Fokus.

Energieeffiziente Lötprozesse

Die standardmäßig eingesetzten, konvektiven Reflow-Lötprozesses zur industriellen Fertigung von elektronischen Baugruppen unterliegen einer hohen energetischen Ineffizienz. Diese ergibt sich aus der Notwenigkeit, dass eine zu fertigende Baugruppe vollständig durchwärmet werden muss um ein Umschmelzen aller Fügestellen zu gewährleisten. Diese bestehen aus einer Vielzahl von Lotpasten-Depots, welche im Vorfeld appliziert werden.

Gemessen an der Gesamtheit einer durchschnittlichen Baugruppen macht die Lotpaste aber nur einen sehr kleinen Teil aus (weniger als 1%). Dies führt dazu, dass mehr als 99% der aufgewendeten Energie nicht zur direkten Erwärmung des Lotes eingesetzt werden. In mehreren Forschungsprojekten wurde und wird daher versucht die energetische Effizienz von Lotprozessen zu verbessern.

Energie- und Ressourceneffiziente Fertigung elektronischer Baugruppen (ERFEB)

Im Verbundprojekt „Energie- und Ressourceneffiziente Fertigung elektronischer Baugruppen (ERFEB)“ werden Möglichkeiten zur Integration von Heizsystemen in Schaltungsträger untersucht. Die Heizleistung soll dabei in heizbaren, vollflächigen Schichten entstehen welche vor oder während des Leiterplattenfertigungsprozesses in das Basismaterial (typ. FR-4) einlaminiert werden. Ziel soll es sein diese Heizschichten im Verlauf der Fertigung und auch im späteren Betrieb der Baugruppe zu nutzen um unterschiedliche Erwärmungsaufgaben wie zum Beispiel das Trocken von Lacken oder Kondensat, das Einstellen einer genwünschten Betriebstemperatur oder das Umschmelzen von Lotmaterial zu erreichen. Hierfür werden verschiedene Materialien getestet und entwickelt um eine heizbare Schicht, welche sich auch zum Einbetten eignet, realisieren zu können.

Projekt „ThermoFlux“

Im Verbundprojekt „ThermoFlux“ wurden den Lotpasten-Depots chemisch reaktive Komponenten hinzugefügt, welche nach der Initiierung des Reaktionsablaufes Wärmeenergie an das Lotmaterialien abgeben soll (exotherme Reaktion). Die reaktiven Komponenten werden dabei auf Kupferpads oder in Durchkontaktierungen appliziert und über Kupferbahnen an die Lotdepots angebunden um den Wärmetransport zu ermöglichen. Durch diese lokale Energiefreisetzung nahe des Lotes und kurz vor dessen Schmelztemperatur, ist es möglich die Temperaturprofile der Reflow-Lötanlagen, und somit auch deren Energieverbrauch, zu reduzieren.

Hochtemperaturlötverbindungen

Der Einsatz von elektronischen Baugruppen in der Industrietechnik, Luft- und Raumfahrt oder Automobiltechnik ist meist mit hohen Betriebs- und Umgebungstemperaturen verbunden. Damit einher steigen die Anforderung an Materialien und Komponenten, welche den ständig steigenden Temperaturbelastungen widerstehen und in ihrer Funktion zuverlässig arbeiten müssen.

In der Aufbau- und Verbindungstechnik wird vor allem seit in Kraft treten der RoHS-Richtlinie verstärkt nach hochtemperaturstabilen Lotwerkstoffen geforscht, um die hochbleihaltigen Lote wie z.B. Pb93Sn5Ag2 (TSolidus = 296°C; TLiquidus = 301°C) zu substituieren. Etwaige Ersatzwerkstoffe müssen neben einem ähnlichen Temperaturbereich auch in ihrem Zuverlässigkeitsverhalten den gängigen Anforderungen genügen.

Projekt „HotPowCon“

Im Rahmen des Forschungsprojektes „HotPowCon“ wurden Lötverbindung entwickelt, deren Auslöttemperatur deutlich höher liegt als die Liquidustemperatur des eingesetzten Lotwerkstoffes. Hierbei macht man sich die deutlich höheren Schmelztemperaturen von intermetallischen Phasen (Cu3Sn = 676 °C; Cu6Sn5 = 415 °C), welche sich beim Lötprozess zwischen Lot und Kontaktfläche bilden, zu nutze. Durch die Zugabe von Kupferpartikeln in ein Zinnbasislot werden unter Temperatureinfluss gezielt intermetallische Phasen erzeugt. Diese wachsen, entlang der Kupferadditive, durch das gesamte Lot, wodurch sich die Temperaturbeständigkeit der Verbindung (> 300°C) erhöht.